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Bertha von Suttner 21. Juni 1914

Schriftstellerin und Trägerin des Nobelfriedenspreises

Am 21. Juni 2014 gedenken wir an den 100. Todestag von Bertha von Suttner. Aus diesem Grund habe ich für Sie einen Zeitungsartikel aus dem Archiv ausgegraben. Das Prager Tagblatt mit de Mittags Ausgabe vom Montag, 22. Juni 1914. Die Waffen nieder! War es ein Wink des Himmels, dass Sie kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges das irdische Dasein verlassen hat? Was darauf folgte, wird in der Geschichte als die Urkatastrophe des 20. Jahrunderts bezeichnet.

Bertha von Suttner 9. Juni 1843 bis 21. Juni 1914

Wien, 21. Juni 1914. Heute vormittag ist hier die bekannte Schriftstellerin und Trägerin des Nobelfriedenspreises, Freifrau Bertha von Suttner, im 72. Lebensjahr gestorben.

Bertha von Suttner, die Führerin einer internationalen Bewegung von höchster Bedeutung wurde und nichts Frauenhaftes dabei verlor, die menschlich auch den schärfsten Gegnern ihres Programms sympathisch blieb, ist mit Frau Bertha von Suttner gestorben. Und unserer Generation, der diese Greisin schon ein wenig fremd geworden war, wird an ihrem Sarge erkennen, wie viel Eigenartiges und menschliches Schönes sie ihr zu verdanken hat.

Bertha von Suttner war als nachgeborene Tochter eines Feldmarschalleutnants Grafen Franz von Kinsky am 9. Juni 1843 in Prag geboren worden. Ihre Mutter, eine geborene von Körner, aus der Familie stammend, der auch Theodor Körner angehörte, zog mit ihrem Kinde nach Brünn, lebte später viel auf Reisen, so dass das junge Mädchen in die aristokarische Welt tiefe Einblicke zu machen vermochte. Bertha von Suttner hatte auch manche trüben Herzenserlebnisse gehabt, ehe sie als Dreiunddreißigjährige an der Seite des geistvollen Freiherrn Bundacar von Suttner ein Eheglück von größter Innigkeit fand.

Auch mit ihrem Gatten reiste Bertha von Suttner viel in der Welt herum, beide von geistigen Interessen beseelt. So lebten sie neun Jahre im Kaukasus, wo Bertha von Suttner als Siebenunddreißigjährige begann ihre literarischen Arbeiten in die Welt zu schicken. Ihr erstes Werk, „Das Inventarium einer Seele“, lenkte schnell die Aufmerksamkeit auf Bertha von Suttner und eröffnete ihrer Feder die besten Zeitschriften. Es folgten die Romane: „Ein schlechter Mensch“, „High-life“, „Ein Manuskript“, „Daniela Dormeß“, „Ein Schriftstellerroman“ etc. etc.

Im Jahre 1887 erregte dann ein anonym erschienenes Werk „Das Maschinenzeitalter“ großes Aufsehen. Es waren darin philosophische, sozialpolitische und sozialökonomische Fragen behandelt. Man riet auf alle möglichen Autoren; Karl Bogt, Tarneri, Max Nordau und viele andere wurden genannt. Viel, viel später bekannte sich Bertha von Suttner als Autorin, die lediglich deshalb sich nicht auf dem Buche genannt hatte, weil sie das gegen die Denkfähigkeit der Frauen herrschende Vorurteil fürchtete.

Im Jahre 1887 erfuhr Bertha von Suttner auch, dass es eine Friedens-Liga gäbe, eine Vereinigung, die sich zur Aufgabe macht, durch Anbahnung internationaler Schiedsgerichte den allgemeinen Weltfrieden zu erstreben und zu erhalten. Das interessierte Bertha von Suttner lebhaft. Sie wollte dieser Friedensliga einen Dienst leisten. „Wie konnte ich das besser tun“, so sagte sie, „als indem ich ein Buch zu schreiben versuchte, das ihre Idenn verbreiten sollte? Und am wirksamsten, so dachte ich, konnte ich das in Form einer Erzählung tun. Dafür werde ich sicherlich ein größeres Publikum finden, als für eine Abhandlung. In Abhandlungen kann man nur abstrakte Verstandsgründe legen, dann philosophieren, argumentieren und differtieren; aber ich wollte anders; ich wollte nicht nur, was ich dachte, sondern was ich fühlte – leidenschaftlich fühlte -, in einem Buche niederlegen können, dem Schmerz wollte ich Ausdruck geben, den die Vorstellung des Krieges in meine Seele brannte; – Leben, zuckendes Leben, – Wirklichkeit, historische Wirklichkeit wollte ich vorführen, und das alles konnte nur in einem Roman, am besten in einem in Form der Selbstbiographie geschriebenen Roman geschehen. Und so ging ich hin und verfasste „Die Waffen nieder.“ „Es sollte die Geschichte einer jungen Frau werden, deren Schicksal mit den in unserer Zeit gefochtenen Kriegen eng verknüpft war.“

Als Bertha von Suttner diesen Roman fertig hatte, schickte sie ihn an die Zeitschrift, die ihre früheren Arbeiten gebracht hatte. Sie erhielt ihn zurück: „Große Kreise der Leser werden sich verletzt fühlen“. Andere Redaktionen haben ähnliche Antworten. So wollte die Autorin das Werk gleich als Buch erscheinen lassen; ihr bisheriger Verleger, Edgar Pierson in Dresden, machte auch anfangs Schwierigkeiten; Bertha von Suttner sollte ändern, streichen. Sie vertand sich zu nichts, und das Buch ging so, wie es war, hinaus.

Und kaum hat je ein deutsches Buch einen solchen Erfolg gehabt. In Russland erschienen sofort fünf verschiedene Übersetzungen, sofort auch in den skandinavischen Ländern. Das Buch erregte Aufsehen in der ganzen Welt. In einer Debatte des österreichischen Reichsrates sagte der Finanzminister Dunajewski: „Wer nach der Lektüre deses Buches noch Vorliebe für den Krieg hat, den kann ich nur bedauern.“ Natürlich fehlte es auch nicht an Schmähungen und Verhetzungen gegen das Buch.

Das Buch hatte aber nicht nur den Erfolg, dass es von Kritikern gelobt und dass es gelesen wurde, zwei andere Folgen noch stellten sich ein: Bertha von Suttner ward von nun an in die Friedensbewegung heingerissen und hat ihre ganze Lebenskraft seitdem dieser Bewegung gewidmet; das Buch aber hat entschieden das Interesse für die Bewegung in die breitesten Waffen getragen. Der Titel ist zum Fahnenspruch aller derer geworden, die für die Idee des ewigen Friedens kämpften. Bertha von Suttner aber war durch dieses Buch eine Weltberühmtheit geworden, die Trägerin der Friedensbewegung.

Die Waffen nieder!“ war das Werk einer auf der Höhe stehenden Frau, die durch Schicksale gereift war.

Dann wurde Bertha von Suttner wollends in den Strudel der Friedensbewegung gerissen, besuchte alle Friedenskongresse, gab eine Zeitschrift heraus, hielt zahllose Vorträge – selbst in Amerika, und schrieb gleichzeitig noch weitere Romane, Novellen, Abhandlungen über die Friedensfrage, andere Zeitfragen etc. Auch ihre Memoiren ließ Bertha von Suttner in einem umfangreichen Bande erscheinen. Sie war eine ungeheurer fleißige, tatkräftige Frau, eine Kämpferin von größter Unermüdlichkeit.

Nachdem Bertha von Suttner im Jahre 1902 den Gatten verloren, kämpfte sie allein weiter, reise, schrieb, konferierte, hielt Vorträge – rastlos trotz des nahenden Alters, trotz mannigfacher materieller Schwierigkeiten, über die Bertha von Suttner schließlich durch Zuerteilung des Nobelpreises hinweggehoben worden war.

Nun ist Bertha von Suttner tot. Die „Friedens-Bertha“, die im Grunde eine der engagiertesten Kampfnaturen unserer Zeit war, ist gestorben. Aber ihr Werk lebt und die Nachwelt wird ihrer nicht vergessen.

Bertha von Suttner – Die Krankheit

Wien, 21. Juni 1914. Zu dem Tode der Baronin Bertha von Suttner wird gemeldet: Die Schriftstellerin machte eine Entfettungskur durch und war in Behandlung des Universitätsprofessors Dr. Gustav Gärtner gestanden. Vor ungefähr drei Wochen war die Baronin erkrankt und heute vormittags  trat sanft und friedlich der Tod ein. An ihrem Sterbelager weilte als einzige Verwandte die einzige Schwester ihres verstorbenen Gatten Louise Freiin von Suttner. Eine Viertelstunde nach dem Tode kam der Schriftsteller Balduin Groller, der durch dreißig Jahre an ihrer Seite für die Friedensidee gewirkt und mit ihr den internationalen Weltfriedenskongress in Wien vorbereitete, in das Haus und fand die verehrte Freundin zu seinem Schmerze tot auf.

Bertha von Suttner – Einäscherung in Gotha

Wien, 22. Juni 1914. Frau Bertha von Suttner hat über ihre Leichenfeier testamentarisch verfügt. Zeitlebens eine Freidenkerin, hat sie gewünscht, dass bei der Leichenfeier keine geistliche Assistenz geleistet werde. Sie wünscht überhaupt keine Feier, keine Reden und keine Kränze. Sie will nach Gotha überführt und dort im Krematorium verbrannt werden. Ihre Asche soll in einer Urne im Kolumbarium zu Gotha beigesetzt werden.

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